Mandala legen mit Manuela Krah

Immer, wenn ich es mir in meiner Komfort­zone so richtig gemüt­lich gemacht habe, tritt Manuela Krah in mein Leben und lädt mich ein, den näch­sten Schritt auf meiner Reise zu mir selbst zu machen. Also meine Komfort­zone zu verlassen und an meine Grenzen zu gehen. Und manchmal auch darüber hinaus.

Bei diesen Zusam­men­künften bleibt in der Regel kein Stein auf dem anderen. Das klingt ziem­lich schlimm. Und ist es manchmal auch. Doch die wahren Schätze liegen ausser­halb der Komfort­zone. Und die will ich mir nicht entgehen lassen. Aus diesem Grund lasse ich mich immer wieder gerne auf Manuela ein. Manchmal kommt auch Manuela auf mich zu und lädt mich zu einer neuen Erfah­rung ein. Weil sie ganz genau weiss, wo ich stehe. Und wann es Zeit für den näch­sten Schritt ist. Und heute ist offenbar Zeit für den näch­sten Schritt.

Mandalas? Nein Danke!

Manuela fragt mich, ob ich Lust hätte, mit ihr in den Wald zu gehen. Und ein Mandala zu legen. Nein, habe ich nicht. Ich schaue mir zwar faszi­niert Videos von tibe­ti­schen Mönchen an, die tage­lang wunder­schöne Mandalas legen, nur um sie gleich nach der Fertig­stel­lung wieder zu zerstören. Das faszi­niert mich. Doch mich bringen Mandalas um den Verstand. Ich hatte auch nie die Nerven, gemeinsam mit meinen Jungs ein Mandala auszu­malen. Dass die Veran­stal­tung im Wald statt­finden und 3D statt 2D vonstatten gehen soll, macht die Sache auch nicht besser. Im Gegen­teil. Ich habe 0 Zugang zu Mandalas. In Worten: null!

Meine Hoff­nung besteht darin, dass Manuela das Mandala legt. Weil sie ja ganz genau spürt, wie es um mich steht. Mich also «liest» und dann auf den Boden legt, was sie sieht und spürt. Und ich darf dann sagen, was das mit mir macht. Fast ein biss­chen wie bei einer Ener­gie­be­hand­lung, bei der man ja auch selber nichts tun muss. Meine Hoff­nung erfüllt sich nicht. Ich muss das Mandala selber legen.

Ein Koffer­raum voller Gartenabfälle

Damit wir dem Wald nichts rauben, hat Manuela ein Auto voller Garten­ab­fälle mitge­bracht. Ich bin beim Anblick der vielen Kräuter und Pflanzen komplett über­for­dert. Immerhin hat der volle Koffer­raum den Vorteil, dass ich nichts im Wald zusam­men­su­chen muss. Denn ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ich wüsste, welche Äste, Steine und Tannen­zapfen ich für mein Mandala brauche. In solchen Dingen ist meine Vorstel­lungs­kraft gleich null.

Nein, ich gehe nicht in den Wider­stand. Ich versuche wirk­lich nach bestem Wissen und Gewissen das zu machen, wozu mich Manuela anregt. Denn bis jetzt bin ich immer gut damit gefahren. Sehr gut sogar. Manuela beob­achtet, fragt, kommen­tiert. Mandala­legen im Wald ist ein biss­chen wie Coaching unter freiem Himmel. Mit dem kleinen, grossen Unter­schied, dass etwas Konkretes passiert, über das wir reden können. Das Mandala ist so etwas wie ein Türöffner. Oder Stell­ver­treter. Irgendwie erin­nert mich die ganze Geschichte ein wenig ans thera­peu­ti­sche Bogen­schiessen, bei dem ich manchmal als Assi­stent aushelfe. Die Art und Weise, wie jemand den Bogen hält und schiesst, ermög­licht der Thera­peutin, leichter mit den Klienten ins Gespräch zu kommen. Genau so verhält es sich beim Mandalalegen.

Wildes Chaos statt geord­netes Mandala

Mein Mandala nimmt langsam aber sicher Gestalt an. Auch wenn ich von Anfang an gewusst habe, dass ich kein Talent für solche Dinge habe, also nicht allzu viel erwartet habe, gefällt es mir über­haupt nicht. Das macht schon mal ziem­lich viel mit mir. Ich befinde mich irgendwo in einer Zone zwischen gren­zen­loser Enttäu­schung und aufstei­gender Wut. Das Letzte, was ich in einer solchen Situa­tion brau­chen kann, sind Fragen. Doch die kommen von Manuela so sicher wie das Amen im Gebet. Denn Manuela entgeht nichts. Ihre Fragen nerven. Und das nicht zu knapp. Aber sie bringen mich weiter. Auch wenn ich das in diesem Stadium (noch) nicht wahr­haben will.

Mein erster Impuls ist, das Mandala zu zerstören. Doch mein Verstand ist dagegen. Er will weiter­ma­chen. Und die Wut über das miss­glückte Mandala aushalten. Wie immer gewinnt er. Und wie immer ist es die falsche Entschei­dung. Nach weiteren zehn Minuten weiss ich: Dieses Gestrüpp am Boden hat nichts, aber auch rein gar nichts mit mir zu tun! Es muss weg! Sofort! Und mit einem Mal sehe ich glas­klar vor mir, wie mein Mandala aussehen muss. Als Erstes muss ich den Boden aufräumen. Das viele Laub macht mich wahn­sinnig. Am lieb­sten würde ich alles fein säuer­lich rechen. Und eine schöne braune Fläche von vier auf zwei Metern planieren.

Gehen mit dem, was ist

Aber das geht nicht. Ich habe keinen Rechen. Manuelas lako­ni­sche Antwort auf meinen Wunsch nach einem Rechen: Gehen mit dem, was ist. Also wird der Boden nicht ganz so schön dunkel­braun und ausge­gli­chen, wie ich mir das gewünscht habe. Denn ich sehe vor meinem geistigen Auge kein klas­si­sches Mandala. Sondern mehr so ein Ikebana-Bild. Manuela hilft mir, meinen Wunsch in die Tat umzu­setzen. Ich lerne: Beim Mandala­legen geht es nicht darum, ein möglichst symme­tri­sches oder ein möglichst schönes Bild zu erschaffen. Und noch viel weniger geht es darum, ein Kunst­werk zu erschaffen, an dem sich die Fussgänger:innen nach uns erfreuen können. Der Weg ist das Ziel. Und nicht das Mandala.

Ich beginne damit, mein ganz persön­li­ches Mandala zu legen. Ich nehme die schönste Blüte aus dem Fundus von Manuela und lege sie sieges­si­cher in die Mitte meiner braunen Fläche. Ich bin mir 100 % sicher, dass es genial aussehen wird. Doch erstens kommt es anders, als man zwei­tens sehr oft denkt. Es sieht einfach Scheisse aus! Ich spüre, wie langsam, aber sicher die schiere Verzweif­lung in mir hoch­steigt. Ich war mir sicher, mit dem Ikebana-Bild den Kopf aus der Schlinge ziehen zu können. Und nun das. Im ZEN spre­chen wir oft vom Rahmen, der alles vorgibt. Und wie wir inner­halb von diesem Rahmen Frei­heit erleben können. Also verpasse ich meinem Bild, respek­tive meinem Mandala, einen Rahmen aus Rosmarin.

Mandala­legen mit dem Fuss auf der Bremse

Da löst sich plötz­lich etwas in mir. Der Rahmen gefällt mir! Und das Mandala­legen beginnt mich je länger je mehr zu faszi­nieren. Ich habe sogar richtig Spass daran! Manuela moti­viert mich, meinen Impulsen zu folgen und meinen eigenen Weg zu gehen. Das geht immer besser. Und schliess­lich bin ich im Flow! Und das nicht zu knapp! Nur Manuela behauptet steif und fest, dass ich mit einem Fuss weiterhin voll auf der Bremse stehe und nur einen Bruch­teil meines Poten­zials abrufen würde.

Ihre Inter­ven­tionen wecken Erin­ne­rungen. Zum Beispiel an die Zeit, als ich an der EB in Zürich den Vorbe­rei­tungs­kurs zum Deutsch­di­plom der Zürcher Handels­kammer absol­vierte. Mein Lehrer hat mich damals oft gefragt, weshalb ich mich nicht mehr am Unter­richt betei­lige. Ich habe die Stunden und den Lehrer geliebt. Von ihm habe ich mehr gelernt als an allen anderen Schulen zusammen. Ich war mit einem solchen Feuer­eifer dabei, dass ich der Meinung war, mich bremsen zu müssen. Ich hatte Angst, mit meiner Energie und mit meinem Power alles nieder­zu­walzen. Und das wollte ich auf gar keinen Fall!

Den Schalter umlegen – aber wie?

Als Mann will ich natür­lich alles analy­sieren. Und mit dem Kopf Klar­heit schaffen. Warum mache ich das? Wann hat das begonnen? Fallen mir noch andere Geschichten als die Schule ein? Immer und immer wieder will ich von Manuela eine Erklä­rung für mein Verhalten, damit ich es verstehen und ein für allemal aus meinem Leben verbannen kann.

Geduldig erklärt mir Manuela, dass es nicht auf das ankommt. Warum wir auf eine bestimmte Art und Weise handeln, ist völlig wurst. Wichtig ist, dass wir unsere Muster erkennen. Und durch­bre­chen. Ihre Geschichte dazu: «Du hast zwei Bücher in der Hand. Im einen Buch steht alles drin, was du mitbringst. Das andere Buch ist komplett leer. Und du kannst es von A bis Z selber schreiben.» Mein Kopf droht zu explo­dieren. Natür­lich will ich mein eigenes Buch schreiben! Und mein Leben nicht von der Vergan­gen­heit bestimmen lassen! Aber wie soll ich das weisse Buch mit meinem Inhalt füllen, wenn ich nicht verstehe, warum ich immer wieder auf der Bremse stehe. Statt Vollgas zu geben?

Das Mandala nimmt langsam aber sicher Gestalt an. Immer weitere Elemente kommen hinzu. Es ist noch immer keines jener üppigen Mandalas, die ich auf den Social Media Kanälen von Manuela gesehen habe. Aber es ist auch nicht mehr das absolut redu­zierte Ikebana-Bild, das ich am Anfang in meinem Kopf hatte. Und es bekommt tatsäch­lich immer mehr Firle­fanz. Auch die Mitte baue ich kräftig aus. Die Blüte, die zuvor am Boden lag, kommt auf einen Tannen­zapfen, der von Farn­kraut umgeben ist. Das sieht richtig gut aus. Die Blüte kommt super zur Geltung. Und thront maje­stä­tisch in der Mitte des Bildes. Dann lege ich noch vier Blüten aus Manuelas Garten dazu. Ich weiss nicht, ob das gut aussieht. Aber ich weiss, dass es sich richtig anfühlt. Und dass es mein Mandala ist.

Ich habe auf jeden Fall Freude daran. Und mal wieder eine Menge von Manuela gelernt. Über das Leben. Und über mich selbst.

Die Eiche Manuela Krah